Wie ein Fluss fließt mein Leben manchmal dahin, habe ich das Gefühl.. Mit Stromschnellen, Engen und Wasserfällen.. Manchmal gesellt sich zu meinem Boot auch noch ein zweites oder sogar drittes dazu. Manchmal winken mir auch nur Menschen vom Ufer.
Hin und wieder muss ich aber auch stehenbleiben. Einmal aussteigen aus meinem wackeligen Kahn, um wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Innehalten. Mich umsehen. Aber da kann ich nicht bleiben. Denn der Fluss fließt weiter. Er möchte mich weiter tragen, an sein unbestimmtes Ziel. Falls es überhaupt eines gibt.
Manchmal greift er ganz schön fest nach meinem Steuerrad. Fast, als würde er es mir aus der Hand reißen wollen. Mir die Kontrolle entziehen, wo ich landen möchte. Oder zumindest, wie ich dort landen möchte.
An manchen Tagen lasse ich mir das nicht gefallen. Ich klammere mich an mein Steuerrad mit aller Kraft. Ich lasse es nicht los, komme was wolle.
Das ist ganz schön anstrengend. Meistens schaffe ich es, meinen Kahn vor dem Schlimmsten zu bewahren. Davor zu bewahren in Steine zu rauschen, oder Bäume am Ufer zu rammen. Aber nicht immer leider. Nach solchen Tagen bin ich immer sehr müde. Hoffe nur darauf, dass die Unruhen zu Ende sind und ich nicht weiter durchhalten muss.
An anderen Tagen lasse ich mein Ruder aber auch einfach los. Lasse es von den Strömungen bewegen und mein Boot vom Fluss tragen. Ganz selten, wenn ich mich wirklich mutig fühle, mache ich das auch bei Stromschnellen und halte mich einfach richtig gut an meinem Boot fest. Dann schlägt meine Wunderschaukel manchmal auf Steine auf und rammt Bäume am Ufer. Ich halte mich einfach fest. Ganz fest. Manchmal genieße ich es sogar. Denn mein Boot ist stabil. Ich habe es gut gebaut und weiß, was es aushält. Dann klettere ich aufs Deck und schreie den Wellen entgegen. Sie können mein Boot erfassen. Sie können mich schütteln, aber runterwerfen, das lasse ich sie mich nicht.
Wenn der Sturm dann vorbei ist, repariere ich mein Boot. Ich flicke seine Löcher und stelle umgefallene Blumentöpfe wieder auf. Manches hat die Turbulenzen nicht überlebt. Dort ist jetzt Platz für Neues. Das tut auch manchmal ganz schön weh und ich ärgere mich, mein Steuer nicht fester gehalten zu haben. Beim Putzen entdecke ich alte Schätze und Winkel meines Bootes, die ich noch garnicht gekannt habe.
In ruhigen Zeiten bin ich auf meinem Deck und liege in meiner Hängematte. Ich habe Zeit mich auszuruhen und nachzudenken.. Ich denke darüber nach, ob das wohl eine gute Entscheidung war mein Steuer festzuhalten oder eben nicht festzuhalten. Wofür ich mich wohl das nächste Mal entscheiden werde? Geht vielleicht auch beides?
Das werde ich mich wohl noch öfter fragen..
Der Steuermann
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Lieber Felix,
geht vielleicht auch beides? Ja, das frage ich mich auch oft.
Sind wir nicht IMMER ALLES: Steuermann/frau, Fluss UND Kahn?
Steckt da nicht ein großes Wollen, eine bedingungslose Liebe und eine allumfassende Intelligenz hinter ALLEM, was ist. Und dem wir ruhig vertrauen können, dessen unsichtbaren Händen wir unser Steuer überlassen dürfen, während wir neue Kraft und Lebensfreude tanken in den behutsamen Armen von Morpheus und noch nie gehabten Träumen?
Sei herzlich gegrüßt, B.