Wie geht es dir?
Wie geht es dir?

Wie geht es dir?

Lesedauer 4 Minuten

Heute habe ich leider keine Updates von SALEM und meinem Umfeld für dich. Vielmehr möchte ich diesmal gerne ein paar Dinge aus meinem Inneren mit dir teilen. Falls du also auf der Suche bist nach lustigen Geschichten und interessanten Fotos, dann lies doch einfach nochmal einen Eintrag der vergangenen Tage, oder warte bis morgen. Heute möchte ich dich gerne auf eine Gedankenreise mitnehmen. Auf eine Gedankenreise, die mich seit meiner Ankunft hier begleitet.

Sie endet eigentlich in nur einer einzigen Frage. Wer den Titel gelesen hat, der wird das jetzt wenig überraschend finden. Sie lautet: Wie geht es dir?

Aber ich möchte gerne am Anfang anfangen.

Ich bin noch nicht lange hier. Gerade einmal 17 Tage. Das ist echt nicht viel. Wenn man mich fragen würde, dann würde ich sagen, ich befinde mich gerade in der Phase des Beobachtens. Jeden Tag gehe ich mit offenen Augen hier durch die Welt und versuche alles aufzusaugen, was ich finden kann. Die Gerüche, die Farben und die Emotionen die die Menschen um mich herum mit sich tragen. Ich beobachte, wie die Leute sich verhalten und wie sie auf mich reagieren. Ebenso, wie sie untereinander agieren und ich versuche zu verstehen, welche Gedanken sich in den Köpfen wiederfinden. Ich versuche herauszufinden, was man hier so den ganzen Tag macht und was Freundschaft hier bedeutet. Wie funktioniert hier Liebe und Partnerschaft? Was wünscht man sich von seinen Eltern? Und wie sieht die Sache mit dem Geld aus? Das sind alles Fragen die mich begleiten.

Viele Antworten die ich finde unterscheiden sich sehr von denen, die ich vielleicht zu Hause bekommen würde. Viele Antworten sind viel einfacher als zu Hause. Viel reduzierter.

Oft sehe ich ein Haus, sehe durch die Fenster und habe im ersten Moment ein ganz komisches Gefühl. Das Leben hier ist ganz anders als zu Hause. Die Häuser sind aus Holz, oft offen und darin sind nur die notwendigsten Dinge. Ein Tisch und Sessel aus Plastik, ein Gasherd und ein Bisschen verbeultes Geschirr. An einen Geschirrspüler ist nicht zu denken. Das ist die Küche. Schlafzimmer bestehen aus einem Bett und Vorhängen, die manchmal aussehen, als wären sie aus alten Fetzen zusammengenäht und eventuell einer kleinen Komode, die aus übriggebliebenen Brettern gebaut wurde. Gelebt wird dazwischen und im Garten. Die Stromleitungen der Häuser verlaufen so, dass man sie sehen kann und Zäune sind oft kaputt und alt.

Und dann stehe ich da und denke mir, dass die Person die da wohnt doch sehr unglücklich sein muss. Ich stelle mir vor, wie es für mich sein würde hier zu wohnen und mein Leben hier zu verbringen. In den Schulen hier und in den Gemeinschaften. Mit den Perspektiven und Möglichkeiten, die es hier eben gibt.

Und dann kommt mir eine Person entgegen. Und sie lächelt. Sie hat einen leichten Ganz und scheint gerade glücklich zu sein. In Wirklichkeit begegnen mir hier so die meisten Personen. Ich sage nicht, dass hier alle singend und tanzend durch die Gegend laufen. Aber die Menschen machen aus dem Leben, das was es eben sein soll. Ein Leben. Es funktioniert und es werden Lösungen gefunden. Es wird gebaut, ver- und gekauft und miteinander interagiert. Es gibt Zusammenschlüsse und Feste und ich habe das Gefühl, hier bemitleidet sich niemand. Zumindest nicht übermäßig.

Und dann schaue ich auf mein Leben zu Hause. Denke daran, wie ich mich manchmal fühle und wie es mir manchmal geht. Ziemlich mies beizeiten, wenn ich ehrlich bin. Wer mich kennt, der weiß was ich immer erzähle. Zu viel Arbeit, zu viel zu tun, ich schlafe schon wieder nichts und und und. Aber hier schäme ich mich ein Bisschen für diese Dinge. Es ist mir richtig unangenehm vor mir selber.

Weißt du, ich habe manchmal das Gefühl wir leben im absoluten Überfluss und können trotzdem nicht aufhören zu jammern. Wir können oft nicht aufhören die Dinge zu sehen die nicht passen. Die uns nicht gefallen.

Ich glaube, ich kann hier eine Sache ganz besonders lernen. Und zwar das Beste daraus zu machen. Oder vielleicht eigentlich einfach irgendwas draus zu machen. Es muss nichtmal das beste sein. Manchmal ist irgendwas schon gut genug.

Etwas darf in Ordnung sein. Und etwas darf so sein wie es ist. Es muss nicht immer mehr und mehr sein. Was ist dann? Bist du glücklicher mit mehr und mehr? Ich eigentlich nicht. Es ist mir hier tatsächlich unangenehm so viel zu haben. Es ist mir unangenehm so viel zu haben und trotzdem noch so viel auszusetzen zu haben.

Und deswegen die Frage: Wie geht es dir?

Wie geht es dir wirklich? Was sind die Dinge, die dich beschäftigen? Warum? Wie groß sind sie wirklich? Dürfen sie auch einfach so sein wie sie sind? Was ist dein Ziel? Und wie fühlst du dich gerade? Und was musst du wirklich tun, damit es dir besser geht? Ich glaube, dass mehr vom Gleichen oft nicht die Lösung ist.

Und mit diesen Gedanken verabschiede ich mich für heute. Ich entschuldige mich, falls sie bei dem einen oder der anderen mehr Verwirrung als Klarheit ausgelöst haben. Ich möchte dich beruhigen. Mir geht es nicht anders.

4 Kommentare

  1. Franz Strobl

    Lieber Felix,
    Danke dass Du Deine Gedanken mit uns teilst. Sie bringen für mich alles auf einen Punkt,wie sehr kann ich sehen, dass das Leben an sich schon ein großes Geschenk ist…….ganz egal wo ich bin oder lebe…..Das alleine ist Grund genug um fröhlich zu sein und ein Lächeln für andere zu haben…..Danke Franz

  2. Elisabeth hauschka

    Lieber Felix
    Du bist schon sehr reif und weit mit deinen Gedanken…..in deinem Alter hab ich nicht so tiefgreifend gedacht…erst im Laufe meines Lebens.. Sinnsuche..Sein und Haben..
    Als ich in Costa Rica u.Cuba war, hab ich mir auch gedacht, wie wenig es braucht, um glücklich zu sein..
    Undwir jammern auf hihem Niveau…häufen immer mehr an,von dem,was wir eh dann nicht brauchen..
    Was mir im Leben sehr wichtig ist..die Musik…gestern hatten wir eine tolle Bigbandprobe
    Wünsch dir viele neue Eindrücke..Erfahrungen lg liesi

  3. Eva Oma

    Lieber Felix,
    danke für diese Zeilen, mit denen du uns an deinen Gedanken teilhaben lässt. Was soll ich sagen, Ähnliches habe ich schon oft gedacht und damit nicht allein zu sein, erfüllt mein Herz mit Freude. Na ja, um ehrlich zu sein, nicht nur das, ich bin von deinen Worten sehr berührt.
    Robert und ich sind grade ein paar Tage mit Freunden in Kärnten. Viel Ruhe und die Natur machen einen wohl besonders empfänglich für das, was du uns hier erzählst.
    Ganz viele liebe Grüße von uns beiden!

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