Es baut und baut
Es baut und baut

Es baut und baut

Lesedauer 3 Minuten

Da im Moment keine Kids in SALEM sind, können endlich die Bauprojekte in Angriff genommen werden, die schon seit langem gemacht gehören.

Seit Anfang der Woche wuseln also bei uns verschiedenste Professionalisten herum und graben Löcher in den Boden, betonieren oder reparieren die Waschmaschine und den Trockner. Sehr praktisch.

Nur für mich etwas unpraktisch, weil unseren Arbeiterinnen und Arbeitern nämlich leider recht egal ist, ob ich gerade aufgestanden bin, eigentlich aufs Klo muss, gerade mit meiner Freundin telefoniere oder einfach nur gerne etwas frühstücken will. Wenn man etwas braucht, dann braucht man es eben gleich. Und so hüpfe ich heute seit halb acht durch die Gegend und organisiere Schaufeln, zeige Sicherungskästen oder besorge Verlängerungskabel. Yey.

Aber halb so wild.

Wir nageln heute endlich die Haken in unser Langzeitprojekt “Estrellas de SALEM” und streichen noch einmal die Rückseite. Morgen wird es noch angeschraubt und die Sterne drauf befestigt. Langsam freue ich mich schon auf neue Projekte.

Danach machen wir uns auf den Weg zur Ferreteria. So heißen hier die Mini-Baumärkte, die es bei uns gibt.

Wir kaufen neues Lösungsmittel, einen Karabiner und Schraubenmuttern für SALEM. Zusätzlich dazu haben wir uns entschlossen für unser Unterzelt einfach ein Überzelt selbst zu basteln. So schwierig kann das ja wohl nicht sein. Also kaufen wir auch eine Plane. 6×5 Meter bekommen wir hier für knappe 15$. Mal sehen, ob uns das die 200$ Investition in ein neues Zelt erspart.

Dann besucht uns die lokale Impfkampagne. Jetzt stehen wir sogar offiziell in den Statistiken Ecuadors als geimpfte Einwohner Mindos.

Anschließend ist mir etwas spannendes passiert.. Wir sitzen gerade beim Mittagessen und besprechen unsere Vorhaben für den Nachmittag, als plötzlich und unerwartet ein Kind aus der SALEM-Familie auftaucht. Ich kenne ihn. Er ist immer wieder bei mir in der Lernunterstützung. Es hat irgendwie nichts zu tun und auch keinen Plan. Auf mich wirkt er sehr ziellos.

Jonas bietet ihm etwa zu essen an und er freut sich sehr darüber. Ich weiß nicht warum er genau hier ist. Er scheint auch nichts Bestimmtes zu wollen. Ich habe das Gefühl, SALEM ist einfach ein Ort der Sicherheit für ihn.

Ich beschließe ihn zu fragen, ob er mir vielleicht bei meiner nächsten Aufgabe helfen will. Ich habe mit Jonas und Edwin besprochen, dass ich ihnen ein neues Mathematikmaterial bauen werde. Was es wird verrate ich euch erst morgen (wenn es dann hoffentlich fertig ist), aber vielleicht weiß der eine oder die andere ja schon anhand der Bilder, was ich vorhabe.

Wir machen uns auf jeden Fall gemeinsam Gedanken, wie wir denn dieses Gerät genau konstruieren könnten. Ich versuche einen Plan zu machen und mein kleiner Freund inspiziert währenddessen die Werkstatt. Anschließend wird gemeinsam gesägt, geschliffen und gepinselt. Mein neuer Freund ist die ganze Zeit dabei und hilft brav bei allen Schritten mit.

Am meisten fasziniert ihn aber mein Taschenmesser. Er will ganz genau wissen, welches Werkeug wofür benutzt werden kann und was denn passiert, wenn er meinen Schraubenzieher verliert. “Dann bin ich ganz schön traurig”, sage ich ihm. Das versteht er, darum lassen wir ihn lieber gesichert drinnen. Jeder Knopf wird ausprobiert und jede Sicherung gedrückt. Zu seinem Unglück will ich es ihm auch nach dem fünften Mal fragen noch nicht schenken. Aber zugegebener Maßen: Ein bisschen schwer fällt es mir schon.

Schlussendlich füllen wir noch gemeinsam Sand in kleine Plastiksäcke. Es ist wichtig, dass wir den Sand genau abwiegen, denn sonst funktioniert das Material später nicht. Auch dabei hilft er mir und wir überziehen sogar ein kleines Bisschen mit unseren Arbeiten bis 17:10.

Schlussendlich verbringen wir gute zweieinhalb Stunden gemeinsam mit unseren Arbeiten. Ich weiß nicht warum, aber ich habe das Gefühl, dass er sich bei mir wohlfühlt. Es berührt mich zu sehen, wie er richig darin aufgeht gemeinsam die Aufgaben zu erledigen. Er bemüht sich und ist geschickt, das fällt mir auf.

Ich stelle mir vor, wie sich mein Papa wohl gefühlt haben muss, als er früher mit mir solche Bastelprojekte gemacht hat. Und ich frage mich, ob es im Leben von meinem kleinen Freund wohl auch jemanden gibt, der mit ihm solche Dinge bastelt und baut. Ich wünsche es ihm auf jeden Fall, denn es sind so wertvolle Erfahrungen. Und falls nicht, dann wünsche ich ihm, dass er in SALEM immer einen Freiwilligen findet, der gerade etwas bastelt und der ihn mitmachen lässt. Denn es ist nicht nur für ihn bereichernd.

Ein Kommentar

  1. Franz

    Es ist wunderbar wenn Du Dein Wissen weitergeben und ganz einfach “nebenbei”, Zeit, Halt, Sicherheit, Wertschätzung und Geborgenheit geben kannst. Das alles ist mit Eurem Mathematikmaterial für immer darin aufgehoben. Danke für das Teilen Deiner Gedanken und Erlebnisse.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert