Langsam wird das tägliche Schreiben meines Blogs schon wie zu einem schönen, kleinen Abendritual. Ich würde es ehrlich gesagt nicht vermissen wollen.
Aber ich sollte alle virtuell mitreisenden vielleicht einmal über die aktuelle Situation hier vor Ort aufklären. Ich bin mir nicht sicher, ob man davon zu Hause liest. Vermutlich noch nicht.
Allem voran: Mir geht es gut, keine Sorge. Kein Grund zur Panik.
Hier also die Kurzfassung für alle, die nicht so viel Zeit haben: In Ecuador wurde der Ausnahmezustand aufgrund der Gewaltsituation auf den Straßen ausgerufen und es gibt haufenweise Proteste.
Jetzt ist es raus und ich versuche etwas mehr im Detail zu erklären, was eigentlich gerade abgeht.
Tja, die Stimmung im Land ist mittel-prickelnd. Ich meine, ist auch nicht so schwer nachzuvollziehen. Es gibt eh schon seit etwa fünf Jahren eine stagnierende Wirtschaft, alle schönen Teile des Landes werden von Ausländern gekauft und die einheimische Bevölkerung leidet großteils sehr unter den Folgen der Pandemie. Gleichzeitig wird immernoch die indigene Bevölkerung extrem diskriminiert, während sie allerdings wesentlich zur Erhaltung des Landes beizutragen hat. Ach ja und dann gab’s da letztens auch noch ein paar Gefängnisaufstände pipapo, ihr wisst schon. Mittelcool alles, besonders für die Bevölkerung.
Auf jeden Fall hat der Präsident Ecuadors, Guillermo Lasso vor ein paar Tagen den Ausnahmezustand ausgerufen. Das bedeutet grob gesagt, dass er jetzt die Möglichkeit hat auch legal einige Menschenrechte mehr einzuschränken und was ihm vor allem vermutlich in die Karten spielt ist, dass er jetzt mit dieser Begründung auch das Militär auf die Straße schicken kann, ohne besondere weitere Gründe.
Der offizielle Grund dafür ist die steigende Gewaltbereitschaft auf den Straßen Ecuadors, von der allerdings niemand wirklich etwas mitbekommt. In unseren Kreisen munkelt man eher, dass der Grund ist, die Aufstände der indigenen Bevölkerung, die gerade im ganzen Land stattfinden einzudämmen. Das alleine als Grund würde sich halt nicht wirklich gut geben. Darum muss halt etwas anderes her.
Die Bevölerung findet das verständlicherweise nicht so prickelnd. Eine Folge davon ist zum Beispiel, dass ein illegales Erzabbauunternehmen in unserer Nähe jetzt auch noch durch das Militär beschützt wird, gegen das die Mindeños schon seit Ewigkeiten protestieren. Fragt mich nicht warum. Es ist sicher nicht “Um Recht und Ordnung zu bewahren”.
Die letzte Leistung der Regierung war es auf jeden Fall auch noch die Spritpreise zu erhöhen und jetzt hat’s den Leuten dann endgültig gereicht.
Busse fahren in vielen Städten garnicht mehr, oder nur sehr sporadisch. In Quito sind einige Aus und Einfahrten blockiert und die Leute sind auf der Straße. Viele Demonstrationen sind friedlich, aber durchaus massiv. An einigen Stellen geraten Demonstranten schon auch mal mit der Polizei zusammen, aber bist jetzt alles noch nicht so schlimm wie bei den großen Protesten in Quito vor zwei Jahren.
Mich betrifft das Ganze tatsächlich in meinem Leben nur sehr wenig. Ich merke zwar schon, dass die Leute um mich herum auch nicht zufrieden mit der sozialen und ökonimischen Situation hier sind, aber in Mindo ist alles friedlich und das wird es auch sicher bleiben.
Das Einzige was noch ein bisschen in den Sternen steht, ist wie das genau mit Sonja und David am Wochenende zu uns kommen sollen. Sie reisen nämlich von Cuenca über Quito und wenn die Proteste bis dahin nicht etwas abflauen, müssen wir wohl die Alternativroute mit dem Taxi ansteuern anstatt dem Bus.
Das wars eigentlich auch schon mit den Neuigkeiten für heute. Allen, die sich jetzt Sorgen machen, möchte ich herzlichst davon abraten. Es ist einfach so und es ist echt nicht so schlimm. Ich begebe mich nicht in Gefahr und hier in Mindo ist sowieso immer alles anders wie im Rest des Landes. Also spart euch die Energie lieber für die beiden Panoramas, die ich heute in der Früh auf unserem Dach gemacht habe (Das war vermutlich wesentlich gefährlicher als sämtliche Proteste hier im Land).