Schon verrückt
Schon verrückt

Schon verrückt

Lesedauer 8 Minuten

Schon verrückt
Auto gekauft, mit viel Liebe ausgebaut, kurz um mein Erspartes geweint, Erspartes wieder vergessen, weggefahren und jetzt ist mir langweilig.
Schon witzig eigentlich, wenn ich so drüber nachdenke..

Gerade liege ich irgendwo mitten in einem französischen Dorf in der wohl vielfältigsten Blumenwiese, die ich jemals gesehen habe.
Aber ich sollte wohl am Anfang beginnen.

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich schon mal von Fridolin geschrieben habe. Das ist mein Auto auf jeden Fall. Ein wunderschöner Ford Transit, genauso alt wie ich. Also Baujahr 1999. Er hat ein Hochdach und ich habe ihn etwa vor einem halben Jahr erstanden. Einen Ausbau hatte er damals schon, aber mit dem war ich nicht so ganz glücklich. Also habe ich den Winter damit verbracht den alten Ausbau auszubauen (haha) und ihn nach meinen Vorstellungen wieder einzubauen. Zusätzlich dazu habe ich ihn um ein Solarpanel, ein Gas-Kochfeld, fließendes Wasser und noch ein paar Kleinigkeiten wie Lichterketten und Efeu erweitert.

Mein Plan: Einziehen.

Tja, das mit dem einziehen gestaltet sich garnicht so leicht, wenn man eigentlich noch studiert und regelmäßig Arbeit in Wien hat. Also lebe ich seit April Teilzeit in meinem neuen Wegbegleiter. Es ist doch wirklich praktisch noch eine dusche und eine Wassertoilette bei meinen Eltern benutzen zu können. Und auch die Waschmaschine soll hier nicht unerwähnt bleiben.

Nach zwei Familienurlauben, einem Festival und noch einer Woche in Mödling bin ich aber dann vor elf Tagen schlussendlich doch aufgebrochen.
Mein Ziel: Paris.

Der erste Halt ist eine Geburtstagsfeier. Schon sehr praktisch, wenn man dann um 04:00 in der Früh einfach nur einmal über die Straße purzelt und im eigenen Bett landet.

Anschließend eine Hochzeit. Auch hier sehr schön im eigenen Bett zu schlafen. Allerdings vielleicht auch nicht ganz so gut geplant von mir. Ich hatte zwar etwa 7h Schlaf, diese waren aber aufgeteilt auf zwei Tage und das ist definitiv zu wenig. Gelohnt hat es sich aber trotzdem.

Super müde fahre ich noch einen Abstecher nach Mödling, denn meine verspätete Matratze ist doch noch angekommen. Ein bisschen zurechtschneiden später und ich mache mich auch schon wieder auf den Weg.

Weit komme ich aufgrund des Schlafmangels eh nicht und finde meinen Platz für den Tag anschließend am Ufer der Donau. Das Wetter war an dem Abend so schlimm, dass ich mehrmals Angst hatte mein Auto würde am nächsten Morgen auf der Seite liegend aufwachen. Zum Glück ist Fritz aber stehengeblieben.

Weiter gehts nach Salzburg. Dort habe ich am Darauffolgenden Tag noch ein Meeting mit einem Kunden. Fertig, aber durchaus zufrieden mit meiner Leistung verbringe ich dort eine Nacht und mache mich am nächsten Tag auf nach Deutschland. Ich bin sehr froh in Österreich noch einmal vollgetankt zu haben, denn ab hier wird der Sprit schon erheblich teurer.. 1,80€ zu den 1,60€ in Österreich ist schon nicht schlecht.. Aber hey, wenn ich sparend fahre braucht mein Dicker im Schnitt etwa 7,5l auf 100km. Das ist für seine Größe und Gewicht eigentlich garnicht so schlecht.

Mein nächster Halt ist am Bodensee. In der Früh des darauffolgenden Tages gehe ich schwimmen, duschen und mache mich recht bald auf den Weg nach Freiburg, denn mein Parkplatz für die Nacht möchte ab 09:00 nämlich Parkgebühren. Einen Zwischenhalt mache ich noch in Baden-Württemberg im Südschwarzwald. Durch Zufall sehe ich auf meinem Parkplatz ein Schild, welches die Route der „Drei Schluchten Wanderung“ beschreibt. Irgendwie neugierig erledige ich meine Arbeit flott und mache mich auf den Weg.

Würde ich es nicht besser wissen, hätte ich gesagt, ich bin am Weg irgendwann durch ein Interdimensionales Portal nach Kolumbien gepurzelt (nur ohne weicher Zwischenlandung). Ich steige einen recht steilen Weg hinunter und befinde mich urplötzlich in einer Schlucht mit Fluss. Rechts und links wachsen Huflattiche die man locker als Regenschirm hätte benutzen können. Von den riesigen Schachtelhalmen ganz zu schweigen.. Als ich dann unter hinter vierten umgekippten Baum durchklettere und eine etwas edierte Holzbrücke dir mir sehe frage ich mich ernsthaft, wie weit Deutschland und Lateinamerika in Wirklichkeit auseinanderliegen. Schon verrückt. Durch einen zufälligen Abstecher finde ich auch noch ein paar Wasserfälle und beschließe hier eine kleine Pause einzulegen. Unglaublich.

Fast drei Stunden bin ich barfuß durch den Wald unterwegs. Ein ziemlicher Vorteil, wenn man bedenkt wie matschig manche Stellen der Wanderung waren. Die Deutschen haben auch kein Problem damit mich regelmäßig darauf anzusprechen. Das stört mich aber nicht. Ich lächle nur und sage, dass die Füße viel leichter zu waschen sind als meine Schuhe und zwinkere ihnen zu.

Am Abend treffe ich eine Freundin in Freiburg, die ich das letzte mal vor einem halben Jahr gesehen habe. Schlimm, wie schnell die Zeit vergeht. Es fühlt sich an als hätten wir uns gestern erst verabschiedet. Mit manchen Menschen passt die Chemie einfach. Sie hat einen mindestens genauso spannenden Weg wie ich gerade vor sich und ich wünsche ihr, dass sie in einem halben Jahr zurückblicken kann und sich selbst sagen kann „Ach wenn ich das bloß damals schon gewusst hätte, dass das so fantastisch wird“. Das wird bestimmt so sein.

Am nächsten Tag mache ich mich früh auf den Weg. Irgendwie konnte ich einfach nicht länger schlafen. Es geht über die Grenze nach Frankreich, wo ich meinen ersten wirklichen Halt in einer Mittelalterstadt mache, die ich durch Zufall am Straßenrand entdeckt hatte. Es ist schon ein tolles Gefühl, einfach stehenbleiben zu können wo ich will. Und so gehe ich auf Erkundungstour um die Stadtmauern und in Kathedralen. Dabei klingt „Medieval Ambient“-Musik auf Spotify. Man muss seinem Leben schließlich auch den passenden Soundtrack geben.

Noch etwas Arbeiten und Kochen und weiter gehts, denn Schlafen will ich hier heute nicht.

Ich finde einen Sandstrand an einem Teich, aber da gefällt es mir nicht wirklich. Ich suche weiter. An einem anderen Parkplatz ist es zwar netter, aber voller großer Wohnmobile. Ich mache mich zu Fuß auf den Weg um mich ein bisschen umzusehen und finde den perfekten Platz. Die ganzen großen Wohnmobile passen hier nämlich nicht durch, aber mein Frido schon. Mit etwas Geschick manövriere ich ihn über eine Brücke und eine Feldstraße. Der perfekte Ort zum bleiben. Glücklich mache ich für heute Schluss und sehe mir den Sonnenuntergang an.

Am nächsten Tag geht es auch schon weiter nach Paris. Das ist jetzt nicht mehr so weit. Die Autobahnen sind in Frankreich ganz schön teuer. Für das, was ich bis jetzt an Maut gezahlt habe hätte ich in Österreich zwei Monate Autobahnvignette finanzieren können. Schon wild.

In Paris angekommen steigt meine Freundin zu mir ins Auto und wir machen uns wieder auf den Weg. Es ist allerdings schon spät. Wir finden einen Spot an einem Fischerteich, den wir am nächsten Tag im strömenden Regen erkunden. Wir beschließen uns auf die Suche nach besserem Wetter zu machen.
Das finden wir auch, wieder an einem Fischerteich. Die Franzosen:innen lieben es anscheinend zu Fischen. Leider darf man nur hier nirgends schwimmen. Nach einer ruhigen Nacht beschließen wir den Rest des Sonntags in Paris zu verbringen. Am Sonntag zahlt man dort nämlich keinen Parkschein und wir beschließen uns mit Frido in die Stadt zu trauen. Das war ein ganz schön mutiges Vorhaben, wie sich später herausstellt, denn Paris im Auto ist pure Anarchie.

Zuerst besuchen wir Versailles, kommen aber nicht hinein. Die Gärten haben allerdings keine ausverkauften Tickets, also sehen wir uns die an. Die sind schon auch sehr beeindruckend. Wie viele Gärtner:innen dort wohl angestellt sind.

Anschließend drehen Frido und ich noch ein paar Ehrenrunden um den Arc de Triomphe. Das macht wirklich Spaß.

Und das Glück ist uns heute wirklich hold. Wir finden direkt vor der Uni meiner Freundin einen Parkplatz und machen einen kleinen Spaziergang durch die Stadt. Paris ist schon auch nett. Im Luxemburgischen Garten sehen wir uns den Sonnenuntergang an, bis wir mit Trillerpfeifen aus dem Park geschmissen werden. Naja, nicht so schlimm. Wir wollten sowieso noch zum Eiffelturm.

Gesagt getan. Ob mans glaubt oder nicht, wir finden auch dort sofort einen Parkplatz. Die Leute am Gehsteig applaudieren uns, nach unserem erfolgreichen Einparkmanöver. Eine stolze High Five später und wir stehen auch schon unter dem Eiffelturm. Mittlerweile ist es schon spät. Der Eiffelturm hat aber eine fantastische Beleuchtung. Leider ist sie etwas zu schwach für das Foto der Sofortbildkamera, aber das macht nichts. Ich weiß, dass der Eiffelturm drauf ist.

Danach verabschieden wir uns auch schon und ich kann meine Wäsche noch in der Waschküche des Hauses meiner Freundin waschen. Um 03:00 in komme ich an meinem nächsten Parkplatz an.

Tja, und da bin ich jetzt. Gestern (Montag) habe ich tatsächlich ganz viel nichts gemacht. Ein bisschen gearbeitet und geschlafen. Das wars. Beim schreiben dieser Zeilen fällt mir erst auf, warum eigentlich.. Es ist doch ganz schön viel passiert in den letzten Tagen. Mein Körper hat die Ruhe wohl echt gebraucht.

Und heute Dienstag habe ich ein bisschen das Dorf erkundet, in dem ich mich befinde. Es gibt hier echt nicht viel. Aber einen kleinen Teich habe ich gefunden. In dem kann man zwar nicht schwimmen, aber die Blumenwiese daneben ist wunderschön. Dort liege ich jetzt gerade und schreibe.
Morgen hole ich Daniel vom Flughafen in Paris ab. Ich freue mich schon riesig darauf mit ihm dann die Rückreise anzutreten.

In meinem Kopf hausen auch so viele Gedanken in letzter Zeit. Vielleicht schaffe ich es sie einzufangen und in einen Gedanken-Eintrag zu schreiben. Das weiß ich aber noch nicht.

Ich habe mir auch vorgenommen mein Semester in Valencia wieder etwas ausführlicher festzuhalten. Ich hoffe, das gelingt mir. Schließlich ist dieser Blog ja auch ein Zeitdokument für mich. Aber für heute entlasse ich euch mal in die Fotos der letzten Tage. Viele Drücker an alle, die es tatsächlich bis hierhin geschafft haben.

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